Deutschland steuert auf einen massiven Fachkräftemangel zu. Eine neue Studie der Prognos AG zeigt, dass in fünf Jahren rund 1,8 Millionen Arbeitskräfte in Deutschland fehlen könnten – davon etwa eine halbe Million Akademiker. Man ist sich einig, dass diese Lücke bis 2040 auf 3,9 Millionen wachsen könnte, falls keine geeignete Gegenmaßnahmen eingeleitet werden. Bei der Vorgängerstudie der Prognos AG für die Vereinigung der bayerischen Wirtschaft (vbw) ist der Bedarf an Akademikern noch höher und an Facharbeitern niedriger geschätzt worden. Vbw-Hauptgeschäftsführer Bertram Brossardt spricht von einer Verschiebung der Fachkräftelücke, hin zu den Berufen, die eine Technikerausbildung oder eine Lehre erfordern. Dieses Ergebnis ist ein Resultat der Bildungsexpansion, die die Zahl der Akademiker hat steigen lassen.

Marktforschung rund um den Fachkräftemangel:
Seit 2013 können Fachkräfte außerhalb der EU leichter nach Deutschland einwandern, wenn ihr Beruf auf einer sogenannten Positivliste mit gefragten Professionen steht, wie z. B. MechatronikerKlempnerKranken– und Altenpfleger. Doch bisher ist kaum jemand gekommen. Gerade einmal 170 Fachkräfte kamen zwischen Juli 2013 und 2014 aufgrund der neuen Regelung nach Deutschland. Das geht aus Daten der Bundesagentur für Arbeit hervor.

Der schwerfällige Auftakt dürfte mehrere Ursachen haben. Unter anderem liegt das sicherlich daran, dass die Initiative bislang wenig beworben wurde. “Unser Vermittlungsschwerpunkt liegt auf den EU-Ländern”, sagt Sprecherin der Zentralen Auslands- und Fachvermittlung (ZAV) Beate Raabe. Die ZAV ist in sogenannten Drittstaaten, für welche die Positivliste gilt, viel zurückhaltender. Es gibt zwar Informationsangebote wie die Internetseite www.make-it-in-germany.com, es dürfte jedoch in den meisten Ländern noch unbekannt sein, dass Deutschland inzwischen nicht nur auf der Suche nach Ingenieuren und Informatikern ist, sondern auch um Lokführer und Leitungsinstallateure wirbt. Die nächste Hürde könnten mangelnde Sprachkenntnisse sein. So müssen beispielsweise Pfleger für ihre Zulassung als Fachkraft Deutsch auf dem Niveau B2 sprechen, mit dem “ein normales Gespräch mit Muttersprachlern ohne größere Anstrengung” möglich ist. Laut der ZAV-Sprecherin Beate Raabe haben wir mit Deutsch einen Wettbewerbsnachteil. Erst seit kurzem wächst bei Unternehmen die Bereitschaft, zugewanderten Mitarbeitern selbst Sprachkurse zu finanzieren. Noch vor vier Jahren gab es das nicht.

Der Fachkräftemangel wird durch die abschlagsfreie Rente mit 63 deutlich verschäft, da dem Arbeitsmarkt dadurch Fachkräfte entzogen werden, das ergab eine Studie im Auftrag der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände. Nach dem aktuellen “MINT-Report” des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln (IW) fehlen den Unternehmen aktuell 137.100 Arbeitskräfte mit einem beruflichen oder akademischen Abschluss im sogenannten MINT-Bereich (MathematikInformatikNaturwissenschaften und Technik). Das ist der höchste Stand seit Ende 2012.

Das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) hat zusammen mit dem Bundesinstitut Berufsbildung(BBB) den Arbeitsmarkt der Zukunft analysiert. Arbeitskräfte im kaufmännischen Dienstleistungsberufen, Kaufleute im Handel, Lehrer und Ausbilder sowie rechts – und wirtschaftswissenschaftliche Berufe zählen laut der Experten zu den Verlierern. In diesen Sektoren kommt es bis 2030 zu einem deutschlandweiten Überangebot, das bedeutet, dass die Chancen auf einen Job und ein gutes Gehalt eher gering sein werden. Zu den heißbegehrten Jobs mit Zukunftsgarantie zählen dagegen klassische Ausbildungsberufe im technischen Sektor, Krankenpfleger und –schwestern, Fachkräfte aus der Altenpflege und sonstigen Gesundheitsberufen.

Quellen: wiwo.de, spiegel.dewelt.deprognos.com

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