KANN MAN DAS ESSEN ODER IST ES VEGAN?

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Was habe ich gelacht, als meine Freundin mir vor ca. einem Jahr einen Kühlschrankmagneten mit dem Spruch “Kann man das essen oder ist es vegan?” geschenkt hat. Zu diesem Zeitpunkt habe ich zwar mein Fleisch– und Fischkonsum bereits sehr reduziert, auf ca. 1 Mal pro Monat, konnte mir jedoch nicht wirklich vorstellen, auf tierische Produkte ganz zu verzichten. Allein der Gedanke, kein Käse mehr zu essen, machte mich nervös. Irgendwann fing ich jedoch an, über eine Ernährungsumstellung nachzudenken, beeinflusst durch Freunde und meinen Bruder, der sich seit Jahren vegetarisch ernährt und mittlerweile größtenteils vegan lebt.

Es hat mich überrascht mit wie vielen Vorurteilen vegane Ernährung einher geht: eine vegane Lebensweise sei unnatürlich und vor allem ungesund; Veganer leiden unter Mangelerscheinungen und bringen ihr Herz in Gefahr; Veganer sind kränkliche Körnerfresser; tierische Produkte können nicht einfach so durch pflanzliche ersetzt werden. Auch die Berichterstattung in den Medien ist oft sehr einseitig. Permanent wird man darüber aufgeklärt, wie gefährlich oder unsinnig eine vegane Lebensweise sei und mit Horrormeldungen über Unterernährung, Schädigung oder Ähnlichen konfrontiert.

Da einige Vegetarier und Veganer zu meinem Freundeskreis gehören, stand ich der Berichterstattung grundsätzlich skeptisch gegenüber, weil ich weder feststellen konnte, dass sie krank aussehen, schlapp sind, sich krank fühlen oder verdächtig oft erkältet sind. Nachdem ich mich umgehört, umgesehen und einiges gelesen habe, bin ich doch auf viele positive Berichte zu diesem Thema gestoßen. Bei einigen Studien wurde beispielsweise der Zusammenhang zwischen veganer Ernährung und “Volkskrankheiten” untersucht. Erstaunlicherweise treten Zivilisationskrankheiten bei Veganern deutlich seltener auf als bei der Durchschnittsbevölkerung. Sie haben seltener Übergewicht und Bluthochdruck und in der Regel gute Blutfettwerte, haben häufig ein geringeres Risiko, an Herzerkrankungen und Typ-2-Diabetes zu erkranken – im Gegensatz zu Menschen, die viel Fleisch und Fleischprodukte konsumieren. Darüber wird jedoch kaum berichtet.

Kommen wir zum Argument Mangelerscheinungen, die bei Veganern zwangsläufig auftreten müssen, da sie ja schließlich verzichten. Auf der Suche nach dem perfekten veganen Ernährungsplan für mich, habe ich feststellen müssen, dass ich bei Weitem nicht die für meinen Körper empfohlene Menge an Vitaminen, Mineralien, Ballaststoffen und Spurenelementen in der Vergangenheit zu mir genommen, obwohl ich zu diesem Zeitpunkt tierische Produkte konsumiert habe. Es lag daran, dass ich mir wenig Gedanken darüber gemacht habe und weil ich gar nicht genau wusste, was mein Körper für einen gesunden Lebenswandel eigentlich braucht. Ich habe jedoch die Erfahrung gemacht, dass Menschen, die über eine vegetarische oder vegane Ernährungsumstellung nachdenken, sich häufig sehr intensiv mit dem Thema Gesundheit auseinandersetzen. Das hat mir imponiert und mich dazu bewegt, selbst aktiv zu werden.

Bei jedem Menschen ist eine ausgewogene Ernährung die Grundlage für ein gesundes Leben. Ein Veganer, der sich von Pommes und Kartoffelchips ernährt, lebt nicht gesünder als ein Fleischesser, der vorwiegend Fertiggerichte zu sich nimmt. Auf dem Speiseplan eines Veganers sollten deshalb viel Obst und Gemüse, Vollkornprodukte, vergorenes Gemüse (z. B. Sauerkraut), Hülsenfrüchte, Nüsse, Sojaprodukte, Samen und kalt gepresste pflanzliche Öle stehen. Wenn in der öffentlichen Diskussion von Unterversorgung und Mangelerscheinungen die Rede ist, werden vor allem Proteine, Eisen, Calcium, Jod, Zink, Vitamin B2 (Riboflavin), Vitamin B12 (Cobalamin) und Vitamin D als problematisch bei Veganern gesehen. Bis auf das Vitamin B12, das tatsächlich problematisch ist, da Pflanzliche Lebensmittel generell kein Vitamin B12 erhalten, können alle anderen hier genannten Problem-Faktoren durch pflanzliche Produkte dem Körper zugeführt werden.

  • Proteine sind enthalten in Hülsenfrüchten, Sojabohnen, Erbsen, Linsen, Getreideprodukten, Kartoffeln, Nüssen oder Keimen
  • Spitzenreiter bei Eisen sind Hirse, Weizenkeime, Weizenkleie, Basilikum, weiße Bohnen, Linsen, Sojabohnen, Tofu, Mandeln, Haselnüsse oder getrocknete Feigen
  • Calcium ist beispielsweise in Grünkohl, Staudensellerie, grünen Bohnen, Kohlrabi, Brokkoli, Porree, Artischocken oder Sesamsamen zu finden
  • Jod ist in Algen, jodierten Speisesalz, Champignons, Brokkoli, Erdnüssen, Spinat oder Kürbiskernen enthalten
  • Zink-Lieferanten sind Roggenkeimlinge, Weizenkeimlinge, Sonnenblumenkerne, Weizenkleie, Cashewkerne, Para-/ Haselnüsse oder Haferflocken
  • Vitamin B2 findet man in Mandeln, Champignons, Kürbiskernen, Sojafleisch, getrockneten Linsen, Haselnüssen, Brokkoli, Weizenvollkornmehl, Avocados oder getrockneten Pflaumen
  • Vitamin D kann vom menschlichen Körper bei ausreichender Sonneneinstrahlung selbst produziert werden, ansonsten ist es in Steinpilzen, Pfifferlingen und Champignons zu finden
  • Vitamin B12 ist wie gesagt problematisch, da pflanzliche Lebensmittel generell kein Vitamin B12 erhalten. Eine Ausnahme bilden Lebensmittel, die im Herstellungsprozess einer bakteriellen Gärung unterworfen wurden (z. B. Sauerkraut). Sie enthalten Spuren des Vitamins, die allerdings die tägliche Versorgung nicht gewährleisten können. Das Gleiche gilt für Algen sowie einige Knollen- und Wurzelgemüse, die in einer Symbiose mit sogenannten Knöllchenbakterien leben. Hier sollte man deshalb über mit Vitamin-B12 angereicherte Produkte nachdenken

Obwohl Wissenschaftler und Ärzte vor übermäßigen Fleischkonsum warnen, verzehren die Deutschen durchschnittlich 150 Gramm Fleisch und Wurstwaren täglich, also über ein Kilo in der Woche. Die Empfehlungen liegen bei maximal 600 Gramm pro Woche. Hoher Fleischkonsum steht im Verdacht, Gicht und Rheuma zu begünstigen und erhöht das Risiko für Herzerkrankungen immens. Außerdem liefert Fleisch häufig viel Fett und Kalorien, was am Ende zu Übergewicht und den damit verbundenen Beinträchtigungen führen kann. Skandale wie BSE, Schweinepest, Vogelgrippe und Antiobiotika in der Massentierhaltung sind nur die Spitze des Eisbergs.

Es gibt natürlich auch ein offizielles Statement zu veganer Ernährungsweise und zwar die Positionen der weltweit größten Gesellschaft universitär ausgebildeter Ernährungsexperten, der Academy of Nutrition and Dietetics (ein Zusammenschluss von mehr als 70.000 Ernährungsberatern, Forschern, Medizinern und Branchenvertretern), des weltweit größten Verbandes von Kinderärzten, der Academy of Pediatrics, sowie des kanadischen Fachverbandes Dietitians of Canada. Diese Fachverbände stellen übereinstimmend nach Auswertung einer großen Anzahl an wissenschaftlichen Forschungsbefunden fest, dass eine gut geplante vegane Ernährung für Menschen aller Altersstufen und auch für die besonderen Phasen der Schwangerschaft und Stillzeit und für Kleinkinder geeignetsei.

Fazit: Nur weil jemand Fleisch und tierische Produkte zu sich nimmt, bedeutet es nicht, dass derjenige gesünder lebt als jemand, der diese Produkte nicht konsumiert. Das wichtigste ist eine ausgewogene Ernährung!

Seit einem Monat habe ich Milchprodukte, also auch Käse, aus meinem Speiseplan gestrichen und ernähre mich vorwiegend vegan. Ich fühle mich gut und bin erstaunt, wie abwechslungsreich mein Essen geworden ist – weit entfernt von geschmacklosen Körnerfraß. Bis jetzt vermisse ich nichts und freue mich darauf, noch mehr vegane Rezepte auszuprobieren und auf Kombinationen von Lebensmittel, auf die ich selbst nicht gekommen wäre. Nach einem Monat kann ich jedoch noch nicht viel dazu sagen, ob ich irgendwelche signifikante Veränderungen bemerkt habe. In der Ruhe liegt die Kraft. Ich werde sicherlich irgendwann darüber berichten. Bis dahin wünsche ich Allen Gesundheit :-)

Quellen: albert-schweitzer-stiftung.de, vebu.de, rundschau-online.de, ugb.de, ndr.de, focus.de, vegan.eu, peta.de
Foto: Vegetables and fruits background © travelbook – Fotolia.com (ID93011443)

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